ich oder so
„Selbstfindungsphase“ sage ich den Leuten, wenn ich nicht ins Detail gehen möchte. Wenn ich denke, das ist zu privat, das sprengt den Rahmen - nicht die richtige Zeit, nicht der richtige Ort. Wenn ich mich frage, ob ich nicht zuerst mit meiner Familie darüber sprechen müsste. Wenn nicht genug Zeit ist, die ganze Geschichte zu erzählen. Wenn ich Angst habe zu verunsichern, vielleicht auch mich selbst. Wenn ich denke, ich müsste es selbst erstmal verstehen, mir sicher sein. Wenn ich mich nicht in den Mittelpunkt stellen will.
Wenn ich eine Ausrede suche. 
Wenn ich mich nicht traue.
Wenn ich das Gefühl habe, anderen ist es unangenehm, dass ich keine Frau bin.

Navigieren zwischen binären Geschlechterrollen. Irgendwo zwischen den Polen. Auf der Suche, wonach weiß ich noch nicht so genau. Ausprobieren - mit Pronomen, mit Nomen, mit Namen. Mein Suchen teilen. Immer mit der Unsicherheit, dass ich diesen Platz für mich noch finden muss - suchen muss - schaffen muss.

Die Arbeit ich oder so ist ein sehr persönliches Projekt, in dem ich mich mit meinen Fragen nach Geschlechtsidentität beschäftige und diesen “Selbstfindungsprozess” und das damit einhergehende Coming-Out begleite. 

Viele Gefühle, die sich schwer in Worte fassen lassen, sind für mich visuell einfacher darstellbar. Über die Bilder kann ich mich verständlich machen. Gleichzeitig öffnen die Fotografien einen Gesprächsraum, in dem ich über mich - meinen Prozess, meine Gefühle des Nicht-Dazugehörens, die Momente des Verständnisses, die Unsicherheit, das Gefühl, mich definieren zu müssen oder die fehlende Endgültigkeit dieser Definition „non-binary“ - sprechen kann.